Gebt das Hanf frei

Die Grüne Jugend Schleswig-Holstein bedauert das Aus für das im Koalitionsvertrag der Jamaika-Regierung vereinbarte Cannabis-Modellprojekt in Schleswig-Holstein. 

Dazu erklärt Hannah Wolf, Sprecherin der Grünen Jugend Schleswig-Holstein:

„Die Bundesregierung und maßgeblich die Union haben noch nicht begriffen, dass ihre Drogenpolitik gescheitert ist. Andere Länder, wie Portugal, die Niederlande und Kanada zeigen, wie ein progressiver Umgang mit Drogen aussehen kann. Konsument*innen- und Jugendschutz, frei werdende Ressourcen bei der Strafverfolgung und bewiesenermaßen weniger Tote im Zusammenhang mit Drogen sind und bleiben für uns eindeutige Gründe, um Cannabis auch in Deutschland zu entkriminalisieren.“

Finn Petersen, Sprecher der Grünen Jugend Schleswig-Holstein, führt weiter aus: 

„Die Nord-CDU hat mit den Reaktionen auf das Aus des Modellprojekts bewiesen, dass sich hinter dem fortschrittlichen Anstrich des Koalitionsvertrags, eine konservative, wenig progressive Partei steckt. Im Bezug auf die vielen Vorteile, die eine Legalisierung von Cannabis hätte, ist das Aus für den Vorstoß aus Schleswig-Holstein besonders ärgerlich. Wir brauchen im Bund, wie auf Landesebene endlich wieder progressive Mehrheiten, um mutig die Zukunft gestalten zu können. Mit der CDU sehen wir diese Möglichkeit nicht.“

Wir brauchen eine andere Drogenpolitik

Das vor zwei Wochen erschienen „Bundeslagebild Rauschgift“ des BKA zeigt das Scheitern der Drogenpolitik der Bundesregierung. Es wurden letztes Jahr eine größere Menge an Drogen beschlagnahmt, mehr Straftaten registriert und die Polizei investierte mehr Ressourcen in Kontrollen. Dies erklärt auch die höhere Anzahl an registrierten Straftaten, da es sich um sogenannte „Kontrolldelikte“ handelt, die nur entdeckt werden durch Kontrollen, da es keine Opfer und daher keine Strafanzeige bei dieser „Straftat“ gibt.
 
Nun muss in Deutschland die ideologische und fehlgeschlagene Drogenpolitik umsteuern. Innerhalb der letzten 12 Monate zum Zeitpunkt der Befragung (2017) haben 6,1 Prozent der 18 bis 64 Jährigen in Deutschland Cannabis konsumiert. Insgesamt haben 27,2 Prozent der Menschen in Deutschland im Alter von 18 bis 64 schon mindestens einmal Cannabisprodukte ausprobiert, Trend steigend. Diese Zahlen zeigen das Scheitern einer repressiven Drogenpolitik.
 
Die positiven Entwicklungen im Bereich der Bereitstellung medizinischen Cannabis‘ begrüßt die GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein. Jedoch wird Cannabis nicht nur als medizinisches Produkt genutzt, sondern auch als Genussmittel. Positive Entwicklungen sind international auch bei diesem Aspekt zu verzeichnen. In diesem Jahr erfolgte das Inkrafttreten der Legalisierung in Kalifornien, Maine und Massachusetts, damit haben neun Staaten der USA Cannabis komplett legalisiert. Nach Uruguay wird am 1. Juli Kanada als zweiter Staat mit der Legalisierung nachziehen.
 

Eine andere Drogenpolitk ist notwendig

Wir setzen uns für eine Drogenpolitik ein, die zwischen persönlicher Freiheit und der Verantwortung des Individuums für sich und andere abwägt. Wir wollen einen selbstbestimmten Umgang mit dem eigenen Körper. Die Grenze zwischen legalen und illegalisierten Drogen ist willkürlich. Bisher legale Drogen wie z.B. Alkohol- und Tabakprodukte müssen selbstverständlich Teil einer neuen Drogenpolitik sein.
 
Daher fordern wir die Entkriminalisierung aller Konsument*innen, den regulierte Verkauf von Cannabisprodukten in Fachgeschäften und die Erziehung zum mündigen Umgang mit Drogen. Kommerzielle Werbung für Drogen soll verboten werden. Das schließt Werbung für Tabak- und Alkoholprodukte mit ein. Daneben fordern wir die Einführung von sogenanntem „Drug-Checking“, um Verbraucher*innen besser zu schützen.
 
Drogenkonsument*innen müssen sicher sein können, dass ihre Drogen nicht verunreinigt sind und wie hoch der Wirkungsgrad des Stoffes ist.
 
Abhängige und andere Menschen mit riskantem Drogengebrauch brauchen unsere Hilfe und unsere Akzeptanz. Ihnen sollen eine gute Gesundheitsversorgung und wirksame Behandlungsmöglichkeiten bereit stehen.
 
Langfristig müssen auch andere bisher illegalisierte Drogen sachlich nach ihrem Schadenspotential für Individuum und Gesellschaft untersucht und gegebenenfalls legalisiert werden.
 
Dazu sagt Christian Saftig, Schatzmeister der GRÜNEN JUGEND Schleswig-Holstein:
„Mit einer Legalisierung und Regulierung von Cannabis könnte effektiver Jugendschutz durchgesetzt werden, um es mit den Worten von Cem Özdemir zusagen: ‚Der Dealer fragt nicht nach dem Ausweis‘.“
 
Finn Petersen, Sprecher der GRÜNEN JUGEND Schleswig-Holstein, ergänzt:
„Eine drogenfreie Gesellschaft ist eine Utopie, oder vielmehr eine Dystopie. Das zeigt schon Prohibitionsversuche der Einstiegsdroge Alkohol. Wir müssen den Menschen zur Drogenmündigkeit verhelfen und durch eine Legalisierung den Verbraucherschutz stärken.“
 
Weiterführende Informationen zum Drogenkonsum in Deutschland:
 

Pressemitteilung der Grünen Jugend SH zum heute vorgestellten Jahresbericht der Drogen- und Suchtbeauftragten der Bundesregierung

Zur Vorstellug des Drogen- und Suchtbereichts 2014 sagt der Sprecher der Grünen Jugend Schleswig-Holstein, Lasse Petersdotter:

Die Bundesregieung behandelt in ihrer Drogenpolitik hauptsächlich die Zahlen des Drogenberichtes, statt sich mit den substantiellen Themen in der Problematik auseinanderzusetzen. Es gilt weiterhin: Das Strafrecht ist nicht geeignet um Gesundheitspolitik zu machen.
Der Großteil der Drogentoten ist zudem auf den Missbrauch von Alkohol und Tabak zurück zu führen und nicht auf die illegalsierte Drogen.

Die Prohibitionspolitik der letzten Jahrzehnte hat sich als falsch erwiesen. Die Kriminalisierung von Drogenkonsument*innen kostet den Staat jedes Jahr Milliarden, zugleich fehlen diese Mittel für Beratungs- und Hilfsangebote.

Um den Weg hin zu einer progressiven Drogenpolitik zu gehen, fordern wir ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt zur rezeptfreien, legalen Abgabe von Cannabis in einer deutschen Kommune. Dabei sollen Aufklärung und Jugendschutzregelungen zu einer Verringerung des Drogenmissbrauchs beitragen.
Auch Drug-Checking Labore stellen beispielsweise eine sinnvolle Maßnahme da, um die Konsument*innen über die Zusammensetzung ihres Konsumgutes aufzuklären, niedrigschwellig Hilfsangebote vermitteln zu können und außerdem wichtige Informationen über die sich im Umlauf befindlichen Substanzen zu erhalten.

Der Drogenbericht sollte auch die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen im Landtag an ihren Koalitionsvertrag erinnern. Da heißt es auf Seite 49:
„Wir bekennen und zu einer modernen, effektiven Sucht- und Drogenpolitik, die sich an der Lebenswirklichkeit ihrer Adressaten orientiert […]. Wir wollen zielgruppen
orientierte, sekundärpräventive Maßnahmen wie das „Drug-checking“ erproben und Drogenkonsumräume rechtlich absichern. Wir werden eine bundeseinheitliche Regelung im Umgang mit Drogenkonsumenten anstreben, die diese vor der Kriminalisierung schützt. Bis eine bundesweite Regelung gefunden ist, werden wir die „geringen Mengen“ zum Eigenverbrauch weicher Drogen im Sinne des § 31a BtMG in Schleswig-Holstein überprüfen, anheben und uns dabei an einer fortschrittlichen Drogenpolitik orientieren, um den Strafverfogungsbehörden die Möglichkeit zu geben, flexibel auf den Einzelfall zu reagieren“

Die schleswig-holsteinische Landesregierung muss sich an der bundesweiten Debatte beteiligen und eine Vorreiterrolle für eine progressive Drogenpolitik einnehmen und die angekündigten Maßnahmen umsetzen!

Drogenpolitik

Die GJ S-H möge nachfolgenden Antrag beschließen und ihn auf einem Grünen Parteitag unterstützen:

Der LPT möge beschließen, dass sich BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN in Schleswig-
Holstein für die Umsetzung folgender Ziele durch die Landesregierung in der
laufenden Legislaturperiode einsetzt:

• Ziel einer guten Suchtpräventionsarbeit soll die Befähigung der Menschen zu
einem selbstbestimmten, mündigen und risikobewusstem Handeln sein. Dies
erfordert umfassende Kenntnis über Wirkung und Nebenwirkung der
Substanzen. Ausbau spezifischer Präventionsprogramme wie z.B. dem
„Partyprojekt“1, einschließlich Drugchecking, für KonsumentInnen illegaler
Drogen wie Cannabis, synthetischer Drogen, Kokain u.a..

• Schadensreduzierung bei den KonsumentInnen z.B. durch Spritzentausch
und bei entsprechendem Bedarf Konsummöglichkeiten in entsprechenden
Hilfseinrichtungen 2; dazu gehört auch der Ausbau des Suchthilfeangebots in
den Justizvollzugsanstalten. Auf Bundesebene muss sich die
Landesregierung für eine klare Regelung der Kostenübernahme für
Therapien drogenkranker Häftlinge einsetzen.

• Einrichtung einer bundesweiten Kartei für die sogenannten „Designerdrogen“
wie beispielsweise Ecstasy, da es auch Fachleuten angesichts ständig neu
verfügbarer Substanzen schwer fällt, den Überblick zu behalten.

• Anhebung der geringen Menge gem. § 31 a BtMG für KonsumentInnen bei
Cannabisprodukten und allen anderen illegalen Drogen auf Landesebene.
Die Landesregierung soll sich auf Bundesebene dafür einsetzen, daß der
Besitz, Erwerb, Anbau etc. von Drogen aller Art für den Eigenbedarf in Höhe
eines Bedarfs für 10 Tage (portugiesisches Modell) nicht mehr strafrechtlich,
sondern nur noch als Ordnungswidrigkeit verfolgt wird. Dies würde im
Rahmen des im Ordnungswidrigkeitenrechts geltenden Opportunitätsprinzips
die Möglichkeit eröffnen, den KonsumentInnen ihren Eigenbedarf zu belassen

• Durchführung eines wissenschaftlich begleiteten medizinischen Pilotprojektes
zur kontrollierten Abgabe von Cannabis.

Koalitionsvertrag von GRÜNEN, SPD und SSW für progressive Drogenpolitik – CDU und FDP haben nichts verstanden

Zu den Stellungnahmen von CDU und FDP erklärt Lydia Rudow, Landesvorsitzende der GRÜNEN JUGEND Schleswig-Holstein:

„Die Kritik von CDU und FDP zeigt, dass diese Parteien die Notwendigkeit einer modernen, progressiven Sucht- und Drogenpolitik nicht verstanden haben. Durch Repressionen und Verbote lässt sich der Drogenhandel und -konsum nicht verringern, prominentes Beispiel sind das Scheitern der Prohibitionspolitik der Vereinigten Staaten in den 20er Jahren oder der immer mehr Opfer fordernde „war on drugs“ in Lateinamerika.

Anstatt Drogenkonsument_innen in die Kriminalität zu treiben, setzen wir auf mehr Prävention und bessere Beratungs- und Hilfsangebote. Zahlreiche Studien belegen, dass die Anhebung der geringen Menge zum Eigenbedarf bei Cannabis nicht zu einem höheren Konsum führt, aber die Strafverfolgungsbehörden entlastet. Die so frei werdenden Gelder können gezielt in Präventions- und Hilfsprogramme investiert werden. So kann es gelingen, die Abwärtsspirale in die Drogenabhängigkeit und Kriminalität zu durchbrechen.

Wenn Anita Klahn (gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion) es als absurd bezeichnet, Projekte wie das Drug-Checking als Gesundheitsschutz zu betrachten, ist das allein ein Verschließen vor der Realität. Es kommt in Deutschland immer wieder zu Todesfällen aufgrund verunreinigter Substanzen, da auf dem Schwarzmarkt allein die Gewinnmaximierung zählt und den Drogen daher teils lebensgefährliche Streckmittel beigemischt werden.

Unser Ziel ist die Verringerung des Drogenkonsums. Aber wenn sich jemand dazu entscheidet, Drogen zu konsumieren, so soll er oder sie durch Projekte wie das Drug-Checking die Möglichkeit bekommen, den Stoff auf toxischische Substanzen prüfen zu lassen. Das Drug-Checking trägt also erheblich zum Gesundheitsschutz bei.

Auch die Kritik von Katja Rathje-Hoffmann (CDU) an der „Legalisierung der Erprobung von Drogenkonsumräumen“ (Zitat) zeugt von großer Unkenntnis. Im §10a BtmG ist die Einrichtung von Drogenkonsumräumen bereits geregelt, es Bedarf jedoch einer Rechtsverordnung der Landesregierung, um Kommunen oder anderen Trägern die Möglichkeit zu geben, einen Antrag auf Einrichtung eines Drogenkonsumraumes zu stellen. Bisher gibt es eine solche Rechtsverordnung auf Landesebene nicht, diese rechtliche Lücke will die zukünftige Landesregierung endlich schließen.“